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Weihnachten

Advent und Weihnachten

Haft und Entbehrungen führten viele Märtyrer in bewegende Tiefen der Frohen Botschaft. Betrachtungen zum Advent und Weihnachten zählen neben vielen Abschiedsbriefen zu Höhepunkten der geistlichen Literatur des 20. Jahrhunderts.

Pater Dr. Alfred Delp

Der Jesuit Pater Dr. Alfred Delp (1907-1945) zählt zu den bekanntesten Glaubenszeugen im Kampf gegen den Nationalsozialismus. Wegen seiner Verbindungen zum Kreisauer Kreis wurde er Opfer der Vergeltungsaktionen nach dem gescheiterten Attentat am 20. Juli 1944. Aus dem Gefängnis in Tegel konnten im Winter 1944 seine berühmten Adventsbetrachtungen herausgeschmuggelt werden. Darin heißt es u. a.:

 

"Das erschütterte Erwachen gehört durchaus in den Gedanken und das Erlebnis des Advents. Aber zugleich gehört viel mehr dazu. Das erst macht ja die heimliche Seligkeit dieser Zeiten aus und zündet das innere Licht in den Herzen an, dass der Advent gesegnet ist mit den Verheißungen des Herrn. Die Erschütterung, das Aufwachen: damit fängt das Leben ja erst an, des Advents fähig zu werden. Gerade in der Herbheit des Aufwachens, in der Hilflosigkeit des Zusichselbstkommens, in der Erbärmlichkeit des Grenzerlebnisses erreichen den Menschen die goldenen Fäden, die in diesen Zeiten zwischen Himmel und Erde gehen und der Welt eine Ahnung von der Fülle geben, zu der sie gerufen und fähig ist."[1]

 

Pater Delp wurde am 2. Februar 1945 im Gefängnis Berlin-Plötzensee gehenkt (vgl. Band II., S. 953-956).


 
[1] Alfred Delp, Meditationen. I. Adventsgestalten, in: Ders. Gesammelte Schriften, hrsg. von Roman Bleistein, Band IV – Aus dem Gefängnis, Frankfurt 1984, S. 149.

Heilige Schwester Teresia Benedicta a Cruce (Dr. Edith Stein)

Die heilige Schwester Teresia Benedicta a Cruce, besser bekannt als Dr. Edith Stein, hielt im Jahre 1931 einen Vortrag mit dem Titel "Das Weihnachtsgeheimnis". Schnell zieht die Karmelitin die Verbindung zwischen der Geburt des Erlösers und dem Zeugnis der Märtyrer.

 

“Der Stern von Bethlehem ist ein Stern in dunkler Nacht, auch heute noch. Schon am zweiten Tage legt die Kirche die weißen Festgewänder ab und kleidet sich in die Farbe des Blutes, und am vierten Tage in das Violett der Trauer: Stephanus, der Erzmärtyrer, der als erster dem Herrn im Tode nachfolgte, und die unschuldigen Kinder, die Säuglinge von Bethlehem und Juda, die von rohen Henkershänden grausam hingeschlachtet wurden, sie stehen als Gefolge um das Kind in der Krippe. Was will das sagen? Wo ist nun der Jubel der himmlischen Heerscharen, wo die stille Seligkeit der Heiligen Nacht? Wo ist der Friede auf Erden? Friede auf Erde denen, die guten Willens sind. Aber nicht alle sind guten Willens. Darum mußte der Sohn des Ewigen Vaters aus der Herrlichkeit des Himmels herabsteigen, weil das Geheimnis der Bosheit die Erde in Nacht gehüllt hatte.“[1]

 

Edith Stein wurde am 9. August 1942 im KZ Auschwitz vergast (vgl. Band II., S. 1078-1083).

 
[1] Edith Stein, Das Weihnachtsgeheimnis. Mit einer Einführung von Hanna-Barbara Gerl, Freiburg 1988, 45-46.

Stadtpfarrer Msgr. Dr. Heinrich Feuerstein

Der Freiburger Stadtpfarrer Msgr. Dr. Heinrich Feuerstein (1877-1942) war bekannt und geschätzt für seine tiefgründigen und die Zeit deutenden Predigten. Am 2. Weihnachtstag des Jahres 1941, dem Tag des Hl. Märtyrers Stephanus, deutet er dessen Martyrium im Licht der nationalsozialistischen Bedrängung – ahnend, dass er sein eigenes Schicksal beschrieb. Er fand u.a. folgende Worte:

 

"Die langen Friedensjahre haben bei uns die Meinung hochkommen lassen, als ob der Märtyrer der Vergangenheit angehört. Nichts ist falscher als das. Das Martyrium als Bekenntnis, als gefahrvolles Bekenntnis, ist mit jeder gesunden Entwicklungsspanne unserer heiligen Kirche naturnotwendig verbunden. Das muß so sein, weil das Christentum dem Geiste der Welt entgegengesetzt ist, weil sich seine Auseinandersetzung mit der Welt dauernd in polaren Gegensätzen, in ewigen Spannungen vollzieht. Die Zeugenschaft, das Martyrium, das blutige und unblutige, gehört daher zu den Baugesetzen der Kirche und ist keine Ausnahme, sondern die Regel."

 

Stadtpfarrer Dr. Heinrich Feuerstein wurde am 2. August 1942 im KZ Dachau getötet (vgl. Band I, S. 253-257).

Seliger Kaplan Aloys Andritzki

Das Martyrium des seligen Kaplan Aloys Andritzki (1914-1943) war eng mit dem Weihnachtsfest verbunden. Nach einem Weihnachtsspiel für die Jugend an der Hofkirche in Dresden unter dem Titel "Die Nacht der Hirten" wurde er im Jahre 1940 verhört und bald verhaftet. Nach einer Gefängnisstrafe wurde er in das KZ Dachau überstellt. Hier fand er die Kraft, für die Lagerkapelle im Priesterblock ein großes Krippenbild für das Weihnachtsfest 1941 anzufertigen. Er erlag den Torturen des Konzentrationslagers am 3. Februar 1945 (vgl. Band I, S. 190-192).

Pfarrer Dr. Alfons Maria Wachsmann

Pfarrer Dr. Alfons Wachsmann (1896-1944) war die Pfarrgemeinde in Greifswald anvertraut. Die Gemeindemitglieder kannten ihn in seiner ablehnenden Haltung zur NS-Ideologie. Er fiel im Jahr 1943 der Gestapoaktion gegen die Geistlichen in Pommern, dem „Fall Stettin“, zum Opfer. Nach seiner Verhaftung schrieb er aus dem Gefängnis zu Weihnachten 1943 mit gefesselten Händen an seine Schwester Maria:

 

"So arm wie in diesem Jahr habe ich noch nie an der Krippe gekniet. Mir ist alles abgesprochen: mein Heim, meine Ehre, mein Leben. So will ich an der Krippe dessen knien, der nichts hatte, wohin er sein Haupt legen kann, der als Feind Seines Volkes zum Tode verurteilt wurde, der Sein Blut als Trankopfer ausgoß für das Heil Seines Volkes und der ganzen Welt.

Als Gaben trage ich zur Krippe Hunger und Kälte, Einsamkeit und Verlassenheit. Mein einziger Schmuck sind die blanken Fesseln. So will ich mein Leben, das im Dienste des Weihnachtskönigs stand, ihm geben, der mich mit seinem kostbaren Blut erlöst hat. Mit reichen Tränen der Reue will ich abwaschen, was Schuld und Sünde in mir geworden ist. In solcher Gesinnung pilgere ich zur Krippe. Ich hoffe, mit der Gnade Weihnachten so tief im Herzen und im Geist zu feiern wie nie zuvor im Leben."

 

Pfarrer Wachsmann wurde am 21. Februar 1944 im Zuchthaus Brandenburg-Görden hingerichtet (vgl. Band I, S. 142-145).

Pater Heribert Abel

Der Steyler Missionar Pater Heribert Abel (1916-1944) wollte als Missionar wirken, wurde aber zum Militärdienst einberufen. Eine unvorsichtige Äußerung brachte ihn in Haft. In seinem erhaltenen Tagebuch findet sich das Gedicht "Des gefangenen Priesters Weihnacht" aus dem Jahr 1942. Darin heißt es u.a.:

 

"Mein kleiner Dom wir heute weltweite Kathedrale,
am Fensterkreuz blutet weh das Lamm von Golgotha,
die Gitterstäbe sind wie Kerzen beim dem Opfermahle,
in Einsamkeit bin ich heute dennoch allen Menschen nah."

 

Pater Abel verstarb am 11. Januar 1945 in einem Lager in der UdSSR (vgl. Band II, S. 1039-1042).

Johannes Graf von Francken-Sierstorpff

Dem Bergwerks- und Gutsbesitzer Johannes Graf von Francken-Sierstorpff (1884-1945) wurde vorgeworfen, den Kreisauer Kreis und das Attentat vom 20. Juli 1944 unterstützt zu haben. In seiner Haftzeit im Zuchthaus Brieg verfasste er zu Weihnachten 1944 ein Gedicht, das über die Hände von Mitgefangenen in den Besitz seiner Familie kam. Der Graf verstarb am 24. Februar 1945 in Hof/Saale (vgl. Band I, S. 751-754).

 

"Alles überschattet die eigene Not,
die Furcht vor Schmerzen, Krankheit und Tod.
Wie kein Ort der Erde bedürfen wir hier
Des Tortes, der Welterlöser Begier.
Doch unser Geschlecht hat ihn nicht erkannt
und ganz aus unserer Gemeinschaft gebannt.
Mein Weib auch gefangen, unter Sohn im Krieg!
Das war meine Weihnacht im Zuchthaus zu Brieg."