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Pater Heribert Abel 2

Von Pater Heribert Abel, Weihnachten 1942 im Gefängnis von Graudenz

Des gefangenen Priesters Weihnacht

Mein Dom sind jetzt vier nackte kahle Wände
und der Altar ein längst zerfallner kleiner Tisch.
Damit sich Licht in engen Zellenräumen fände,
ein schmales Fenster, hinter Gitter, Stab und Drahtgemisch.
Mein hartes Lager mahnt an prunke Kirchenbänke,
an Tuch und Teppiche, ein dunkles wollen Deckenpaar.
Den Krug mit frischem Wasser nimmst du zum Getränke
beim Bissen Brot, wo täglich Wein und Wasser war.

Und dieser Dom wird heute Nacht zur kalten Stallung
von Bethlehem, mit Sternen, Krippe, Stroh und Heu.
Das karge Licht gerät in funkelndfrohe Wallung,
die Gitterstäbe leuchten wie ein Kerzenlicht dabei.
Die dunklen Decken sind wie wunderweiße Windel,
das bißchen Brot und Wasser schenkt der Hirt dem Kind.
Und seiner ganzen Einsamkeiten bitterarmes Bündel
wird wie ein Lied, in dem die heilgen Weihnachtsengel sind.

Heut werd ich wie Maria zum Altare Gottes treten,
in meinen Priesterhänden jubelt vaterwärts das Christuskind.
Aus Brot und Wasserwein muß heut ob meinem Beten
der Heiland nahn, in dessen Leib und Blut wir heilig sind.
Mein kleiner Dom wird heute weltenweite Kathedrale,
am Fensterkreuze blutet weh das Lamm von Golgotha,
die Gitterstäbe sind wie Kerzen bei dem Opfermahle,
in Einsamkeit bin ich heute dennoch allen Menschen nah.

Mein Priesterherz schlägt heut für meiner Sünden Tadel
aus Wänden Wasser und aus Wasser blutendroten Wein,
und prägt dem schlichten Brote weißen Weizens Weiheadel
im Wandlungswort der heilgen Weihnachtsmesse ein.
So bin ich reich in aller Armut bitterster Bedrängnis,
ich bin daheim in aller meiner Einsamkeiten Blut.
Zur Freiheit wird mir Gitter, Zelle und Gefängnis:
Mein ist ja Gott! Er macht mir alles, alles wieder gut!