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Das Rosenkranzgebet im Leben der Märtyrer

Michael Kitzelmann

"Nicht mehr Grübelei, sondern Betrachtung ..."

Dem Leutnant Michael Kitzelmann (1916–1942) öffnete das Grauen des Weltkrieges in der Kälte Russlands die Augen für das menschenverachtende Vorgehen der nationalsozialistischen Machthaber. Er verbarg seine Meinung nicht und wurde wegen "Wehrkraftzersetzung" standrechtlich verurteilt. In der Haft vor seiner Hinrichtung vollzog sich in ihm ein Wandel: "Nicht mehr die Grübelei über das ungerechte Todesurteil stand im Vordergrund, sondern die Betrachtung über die Ölbergstunden Jesu (vgl. Lk 22,39-46) und die Zwiesprache mit dem gekreuzigten Heiland (vgl. Joh 19.17). Er betete den Rosenkranz und sang altvertraute Kirchenlieder. Bei den gemeinsamen Gottesdiensten für die Festungsgefangenen ministrierte er" (vgl. Band I, 75-79). 

Stadtpfarrer Johann Baptist Huber

Ein treuer Freund

Der Rosenkranz war dem Landauer Stadtpfarrer Johann Baptist Huber (1892-1942) im Gebet zu einem Freund geworden. Er widmet ihm in den Tagen seiner Haft ein Gedicht. Unermüdlich hatte der Pfarrer für die Kirche und gegen Verbote und Einschränkungen in der Seelsorge gekämpft.

"Ein treuer Freund!
Eh ich des abends geh zur Ruh schliess tränenfeucht die Augen zu,
den Rosenkranz ich nehm zur Hand, betracht das Kreuzlein unverwandt;
schliess alles ein in Reu und Leid, o Jesus Mein, Barmherzigkeit.
Und bete in der Zelle klein zuhaus' für all die Lieben mein,
gedenke da auch mit dabei der Kranken all in der Pfarrei,
und aller, die in stiller Nacht, der Heimat ferne halten Wacht.
Und füge dann noch bittend zu: Beschirm, o Herr, sie gnädig Du!
Dein Segen sei uns Unterpfand für Heimat, Volk und Vaterland.
Beschütze Du uns allzumeist Gott Vater, Sohn und Heilger Geist.
Wie einst im Feld so manche Nacht hat Kraft und Ruhe mir gebracht,
der Rosenkranz treu Freund mir ward in Stunden einsam, lang und hart.
Leg dankbar stets ihn nun zur Seit' o Jesu mein, Barmherzigkeit.
Einst lieg' ich auf der Todesbahr, der Leib so kalt, das Auge starr,
den Rosenkranz doch um die Hand als seiner Liebe Unterpfand,
der Seele dann vom Leib befreit geb Jesus Christ Barmherzigkeit."

Mit seinem Tod am 13. September 1942 hatte sich das NS-System seines entschiedensten Gegners im Klerus des Bistums Passau entledigt (vgl. Band I, S. 609-611).

Franz Gabriel Virnich

Am Pranger!

Der Gutsbesitzer Franz Gabriel Virnich (1882-1943) ließ sich aufgrund seines tiefen Glaubens nicht auf die nationalsozialistische Ideologie ein. Er erkannte schnell die Lügen und menschenverachtenden Konsequenzen der Machthaber. Ein bei ihm gefundenes Spottgedicht auf die NS-Führung belegte seine Distanz zum System und genügte für seine Verhaftung. Aus der Haft richtete er einen Brief an seine Schwester. Er macht sich über sein weiteres Schicksal keine Illusionen. "Bei mir stand auch der politische Katholizismus zu Gericht. Mein Vater Zentrumsabgeordneter, die Brüder meiner Mutter Jesuiten, eine Schwester im Kloster Berlaymont, meine Erziehung in der weltbekannten Stella matutina (…) Beten wir füreinander. Der erste Rosenkranz an jedem Morgen ist für Dich. Herzlichste Grüße in Liebe und Treue Dein Bruder Franz" (vgl. Band I, S. 421-424).

Hans Wölfel

Mit gefesselten Händen ...

Dem Rechtsanwalt Hans Wölfel (1902-1944) aus Tirol wurde eine ungeschickte Begegnung im Freundeskreis zum Verhängnis. Der Anwalt hatte viele Prozesse von Gegnern der nationalsozialistischen Ideologie geführt. Seine gläubige Grundhaltung war allgemein bekannt. Ein deutsches Missale, eine Bibel, ein Buch von Engeln und ein Rosenkranz begleiteten Hans Wölfel auf seinem Weg durch die Gefängnisse. In dem erhaltenen Abschiedsbrief an seine Familie schreibt er: "Gott ruft mich zu sich in ein besseres Jenseits, damit ich von dort vom Himmel aus für Euch sorge. Ich bin gefaßt, kann nur nicht gut schreiben mit gefesselten Händen. … Bleibt Eurem heiligen katholischen Glauben treu! Ich verzeihe allen Menschen um der Liebe Christi willen" (vgl. Band I, S. 112-115).  

Pfarrer Albert Hirsch

Mit den Fingern an der Hand ...

Pfarrer Albert Hirsch (1894-1944) lebte und arbeitete in der Diaspora Pommerns. Er fiel einer Gestapoaktion zum Opfer, in der allen Priester in weiter Umgebung Stettins inhaftiert wurden. Unzählige Wochen der Haft zermürben ihm. Der Gefängnisseelsorger musste das langsame Sterben seines Mitbruders mitansehen. "Doch auch in der 'stickigen Zelle mit einem winzigen Fenster und einem kleinen Stückchen Himmel, durch den sich dunkle Eisenstäbe ziehen,' blieb H. die Gnade des Gebetes. 'Den Rosenkranz hat man ihm genommen. Da betet er nun an den Fingern (…) ein Ave für den alten Wingert, eines für den Bauern Thomas, ein drittes für die kranke Mutter Mars, und daß heuer kein Hochwasser kommt, und das die Jungen draußen im Felde heil bleiben an Leib und Seele, und daß nicht etwa noch die Alten den Pflug verlassen müssen (…)" (vgl. Band I, S. 126-128).

Heinz Bello

Im Blut gelegen ...

Über die Hinrichtung des Medizinstudenten Heinz Bello (1920-1944) hielt der Gefängnispfarrer in seinen Erinnerungen Folgendes fest. Er schrieb einen Brief an die trauernde Familie. "Ich begleitete ihn auf seinem letzten Gang. Auf die Frage, ob er noch eine Bitte habe, erklärte er, er möchte frei sterben, ohne die Augen verbunden und die Hände gefesselt zu haben. Noch einmal gab ich ihm den Segen und die Hand zum Abschied. Dann betete er leise die Lippen bewegend, aufrecht zum Himmel schauend. Um 8.12 Uhr ging er hinüber in die Ewigkeit. Der Tod trat sofort ein. Er hat keinerlei Schmerzen verspürt. In der rechten Hand trug er den Rosenkranz, den ich vom Boden aufhob – ohne die letzten Spuren davon zu beseitigen. (…) Sein religiös vorbildliches, ja sein heiligmäßiges Sterben wird mir immer unvergeßlich bleiben" (vgl. Band I, S. 645-549).

Pfarrer Max Graf

"Ich verzeihe meinen Feinden!"

Die Predigten von Pfarrer Max Graf (1884-1945) wurden seitens der Gestapo abgehört. Seine regimekritischen Äußerungen führten zu seiner Verhaftung und letztlich Überführung in das KZ Dachau, wo er am kurz vor Kriegsende am 25. April 1945 starb. Einige Briefe aus der Haft sind erhalten. Sie bezeugen seine Reife und Annahme des Sühnetodes: "Ich denke täglich an die Kämpfer Unteralpfens und opfere täglich den Rosenkranz und den heiligen Kreuzweg für sie auf, daß sie wieder gesund in die Heimat zurückkehren dürfen. Auch verzeihe ich meinen Feinden, die mich und euch in dieses schwere Leid gebracht haben (4.2.1945)" (vgl. Band I, S. 264-267).

Joseph Roth

Aus Holzstücken gebastelt

Der Volksschullehrer Joseph Roth (1896-1945) hielt auch in der Zeit seiner Haft am Gebet fest: "Die Erniedrigungen und Torturen im KZ Buchenwald konnte R. nur durch die Kraft des Glaubens und durch fortwährendes Gebet ertragen. So hatte er sich aus Holzstückchen einen Rosenkranz gebastelt, den er auch zusammen mit anderen Mithäftlingen betete, wie er auch immer wieder bemüht war, anderen Leidensgenossen, darunter auch einem inhaftierten Priester Trost zu spenden." Joseph Roth ist noch heute für seine tiefe Gläubigkeit bekannt, geschätzt und nicht vergessen (vgl. Band I, S. 398-401).

Pfarrer Josef Grimm

Den Rosenkranz um die Hand gewickelt

Der Münchener Pfarrer Josef Grimm (1900-1945) wollte mit Helfern am Kriegsende den heranrückenden amerikanischen Truppen durch das Hissen einer Weißen Fahne die gewaltlose Übergabe des Ortes ankündigen. Zurückgebliebene Gestaposoldaten  drangen unvermittelt in das Pfarrhaus ein. Sie bemächtigten sich des Pfarrers. "Es wurden ihm Handschellen angelegt, und das Auto fuhr ab Richtung Irschenberg. Unmittelbar vor der Fesselung hatte der Pfarrer rasch in die Tasche gegriffen und den Rosenkranz um die Hand gewickelt. Jetzt konnte er sich selbst die Sterbegebete sprechen." Auf freiem Feld wurde der Pfarrer durch Genickschüsse hingerichtet. Bewohner fanden seine schwer misshandelte Leiche. An dem Fundort erinnert noch heute ein Holzkreuz an das Martyrium des Pfarrers (vgl. Band I, S. 468-471). 

Benefiziums-Provisor Augustin Wagner

Der Rosenkranz war ihm nicht genommen!

Der Priester des Bistums Regensburg Benefiziums-Provisor Augustin Wagner (1898-1945) hatte am Ende des Krieges beim Einmarsch der Truppen eine Weiße Flagge gehisst. Er wollte weiteres Blutvergießen in Ebrantshausen (Lkr. Kelheim) verhindern. Eine versprengte SS-Abteilung holte den Pfarrer voller Zorn mit vorgehaltenen Waffen aus dem Pfarrhaus. Der Pfarrer nahm seinen Mantel und seinen Rosenkranz. Er wusste, dass das für ihn den Tod bedeutete. Erst nach Kriegsende fanden die Dorfbewohner seine Leiche. "Nur mehr an der Kleidung und an den Schuhen konnte er identifiziert werden. Seine Arme waren über dem Kopf mit Draht zusammengebunden. In den schon auseinanderfallenden Fingern lag der Rosenkranz" (vgl. Band I, S. 643-646).

Pater Josef Kolfenbach

"Sag ihr: Ich habe es bei meinem Sterben in den Händen gehalten!"

Redemptoristenpater Josef Kolfenbach (1905-1945) wirkte als Pfarrseelsorger in Ostpreußen. Mit seinem Ordensgewand war er sofort als Geistlicher zu erkennen. Der Zorn der einmarschierenden sowjetischen Soldaten richtete sich unmittelbar auf ihn. Mit anderen Geistlichen wurde er aufgegriffen und in ein Arbeitslager in Sibirien verschleppt. Dort erlag er schnell der Gewalt und den Torturen. Seinem Freund, der überlebte, vertraute er an: "Meine arme Mutter, sie ist jetzt 82 Jahre alt, hat ihr ganzes Leben gearbeitet, damit wir eine gute Erziehung bekommen konnten. Sie hofft, daß ich wiederkomme. Und mein Bruder ist auch verschollen, er hat sechs Kinder. Wenn Du zurückkommst, gib meiner Mutter diesen Rosenkranz und dieses Kreuz. Sag ihr, dass ich beim Sterben beides in meinen Händen gehalten habe. Und wenn Du kannst, tröste sie, und hilf meiner Schwägerin und ihren sechs Kindern" (vgl. Band II, S. 1025-1026).

Elisabeth Wutzky

Mit beiden Händen!

Der kommunistischen Verfolgung fiel im Jahr 1946 die Hausfrau und Mutter Elisabeth Wurtzky (1885-1946) zum Opfer. Partisanen überfielen das Dorf, in dem sie lebte. Alte und gebrechliche Bewohner suchten Schutz in der Kirche. Sie wurden aber von dort auf den Friedhof vor ein Massengrab getrieben. Zeugen erinnerten sich an den Tod Elisabeth Wurtzkys. "Sie packt mit beiden Händen den Rosenkranz und das 'Goldene Buch', worin sie seit Jahrzehnten den 'Brief über die Freunde des Kreuzes' betrachtete. … Sie hebt den Blick und die Hände, und da kracht schon der Schuß. Mit durchbohrtem Herzen fällt ihr Leib in das Massengrab" (vgl. Band II, S. 1242-1243).